Montag, 26. Juli 2010
So läuft der Drogenhandel in Berlin
Die festgestellte Menge an Kokain in der Stadt ist drastisch gestiegen. Das weiße Pulver macht die organisierte Kriminalität reich - nicht jedoch die Bauern in Mittelamerika.
Marihuana und Heroin sind in Berlin am häufigsten, Kokain und Ecstasy seltener
Der Boss trug den Decknamen „Panzer“, sein Stellvertreter war in der Szene als „Kanone“ bekannt. Gemeinsam mit einem halben Dutzend Komplizen sollen der 58-jährige Berliner und der 44-jährige Brandenburger etwa eineinhalb Jahre lang einen schwunghaften Handel mit Kokain aus Südamerika betrieben haben. Nach den in monatelangen Ermittlungen zusammengetragenen Erkenntnissen von Zoll und Polizei hat die Bande durch eigens angeworbene Kuriere in präparierten Rollkoffern insgesamt 34 Kilogramm Kokain mit einem Handelswert von vier Millionen Euro nach Deutschland gebracht, bevor die Behörden Anfang dieses Jahres zuschlugen.
In Berlin soll die Ware dann mit Mehl oder Puderzucker gestreckt worden sein, bevor sie schließlich zu Endabnehmern in Großbritannien weitertransportiert wurde. Ein Mitglied der Bande wurde inzwischen zu einer langjährigen Haftstrafe verurteilt, zwei weitere mutmaßliche Drogenschmuggler warten derzeit noch auf ihren Prozess.
Die deutsche Hauptstadt als Zwischenstation im weltweiten Drogenhandel – das ist eher eine Ausnahme. „Üblicherweise wird das, was an Drogen nach Berlin gebracht wird, auch hier an die Abhängigen verkauft“, sagt ein Fahnder des Landeskriminalamtes (LKA).
2352 Verfahren wegen Drogenhandels hat die Behörde im vergangenen Jahr eingeleitet. Die dabei sichergestellten Mengen machen deutlich, dass Heroin oder Marihuana eine gewichtige Rolle spielen, Kokainfunde hingegen eher selten sind. Die Beamten beschlagnahmten im vergangenen Jahr 140 Kilogramm Heroin und sogar 220 Kilogramm Marihuana. Die 10,4 Kilogramm sichergestelltes Kokain erscheinen dabei fast unbedeutend, auch wenn die aufgefundene Menge um 44 Prozent höher als im Jahr zuvor lag.
Die vergleichsweise geringe Menge sagt jedoch wenig über den tatsächlichen Umfang des Kokainhandels in Berlin aus. LKA-Ermittler und Zollfahnder gehen von einer hohen Dunkelziffer aus. Denn der Handel mit dem weißen Pulver blüht weitgehend im Verborgenen. Kokain gilt nach wie vor als Partydroge der Reichen. „Und die treiben sich nicht an U-Bahnhöfen oder in Parks herum“, sagt ein Zollfahnder. Die Dealerbanden tragen den Wünschen ihrer gehobenen Kundschaft in jeder Hinsicht Rechnung. So flog Ende 2009 in Charlottenburg eine Bande von libanesischen Kokainhändlern auf, die für ihre zahlungskräftige Kundschaft einen bequemen Bestell- und Lieferservice organisiert hatte.
„Die Lieferung erfolgt in der Regel frei Haus, konsumiert wird ebenfalls im privaten Umfeld, häufig auf Partys, in diese abgeschottete Szene einzudringen ist ausgesprochen schwer“, beschreibt ein Ermittler die Probleme bei der Bekämpfung gerade des Kokainhandels. Weitere Umschlagplätze sind diverse Bars und Restaurants in der Stadt, allesamt Lokale der gehobenen Kategorie.
Den Kokainhandel in Berlin beherrschen wie auch die anderen lukrativen Bereiche der organisierten Kriminalität etliche nahöstliche Großfamilien sowie Mafiagruppen aus Ost- und Süduropa. Auch Rockerbanden wie Hells Angels und Bandidos sollen nach Erkenntnissen der Behörden mitmischen. Die zumeist aus Süd- und Mittelamerika stammende Ware kommt auf dem See- oder Luftweg ins Land. Für den Transport auf dem Luftweg heuern die Dealer Kuriere an, die das Rauschgift gegen Honorar von einigen Tausend Euro schmuggeln.
Der Transport auf dem Seeweg erfolgt zumeist in Containern, deren Zielorte Überseehäfen wie Hamburg, Bremen oder Antwerpen sind. Von dort geht es dann auf dem Landweg weiter. Beliebt ist allerdings auch der Transport mittels gecharterter Hochseeyachten.
Erst vor zwei Wochen flog eine sechsköpfige Bande – allesamt Brandenburger – auf, die das Kokain mit einer Segelyacht nach Deutschland brachten. Bei der Durchsuchung des Schiffes im niedersächsischen Cuxhaven wurden 17 Kilogramm Kokain sichergestellt, bestimmt für die Schickeria-Szene in der Hauptstadt.
Quelle: www.morgenpost.de
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